Expert:innen-Ecke M.Kreißler

1.     Einleitung

Das Sommersemester 2020 wurde aufgrund von Corona größtenteils online durchgeführt. Durch das neuartige Virus wurden verschiedene Maßnahmen erhoben, welche eine Ausbreitung eindämmen sollten. Ein Operator dieser Maßnahmen waren beispielsweise die Schließung von Schulen, Kindergärten, Einkaufshäusern und verschiedener Kulturangebote. Dadurch entstand die Frage nach alternativen Möglichkeiten, trotz Kontaktverbot, neue Bildungsangebote zu schaffen und diese umzusetzen. In dem Seminar „Grundlagen der Kunstpädagogik und Kunstvermittlung“ wurde nach Lösungsansätzen zu diesem Thema mit Bezug zur Kunstvermittlung gesucht. Eine primäre Frage bildete sich aus den Vorüberlegungen:

-Ist es möglich eine digitale Kunstvermittlung publikumsorientiert umzusetzen? –

Die Antwort auf diese Frage wird die Basis unseres Projektes bilden. Um ein konkretes Beispiel für eine digitale Kunstvermittlung zu gestalten habe ich in Teamarbeit mit Julia Simon eine Vermittlungsidee für die Ausstellung von Wieland Förster konstruiert. Informationen über den vorgestellten Künstler und einen ersten Eindruck über die Ausstellung sind in unserem Projektvideo mit dem Titel „Biografie von Wieland Förster“ jederzeit einzusehen. Die Projektergebnisse sind auf folgender Internetseite zu finden:

2.     Vorbemerkung zu digitalen Kunstvermittlung

Die digitale Kunstvermittlung bringt viele Herausforderungen mit sich. Diese kann man in verschiedenen Bereichen suchen und finden. So zum Beispiel der wage Spagat zwischen einem traditionellen Museumsbesuch im Gegensatz zur modernen Alternative mit dem Handy und über Apps die Kunst zu neuen Leben zu erwecken. Der Museumsbesucher möchte sich das Kunstwerk also nicht mehr nur ansehen, wie in einer gewöhnlichen Ausstellung, sondern er/sie sollen aktiv daran teilhaben (Sandabad, M. 2017)

3.     Kunstwissenschaftlicher Bezug nach Hofmann, Fabian; Rauber, Irmi – Publikumsorientierte Kunstvermittlung

Das aktive Miterleben der Kunst haben wir berücksichtigt und darauf aufbauend unser Projekt mit Hilfe von Audioguides und Videos so publikumsnah wie möglich gestaltet. Die ausgewählten Medien sind der angesprochenen Zielgruppe vertraut und somit bestehen keine Berührungsängste, was das Projekt wiederum sehr publikumsfreundlich macht. Es war uns sehr wichtig den medialen Anforderungen der Nutzer eine hohe Priorität zukommen zu lassen Der digitale Raum ermöglicht es auch, dass die Ergebnisse jederzeit abrufbar sind und man von den gewohnten Öffnungszeiten eines Museums abweichen kann. Wir möchten jugendlichen Teilnehmer und auch allen interessierten Personen ein digitales Forum bieten, auf diesem sie prägnante Informationen über Wieland Förster und seine Kunst erhalten. Auf dieser Seite soll aber auch der Austausch untereinander realisiert werden und es besteht die Möglichkeit verschiedene Kunstvermittlungsaufgaben zu den vorgestellten Skulpturen zu bearbeiten um ein noch besseres Verständnis für die dargestellte Kunst zu bekommen. 

Eine Kunstvermittlung besteht laut den Autoren Hofmann, Fabian, Rauber, Irmi und Schöwel aus vier wichtigen Punkten: Kunstvermittler_in, Gruppe, Ausstellung + Vermittlung und Raum. Alle Faktoren zusammen ergeben eine gelungene Vermittlung. Diese Punkte finden auch in unserem Projekt ein hohes Maß an Umsetzungsmöglichkeiten. Der Kunstvermittler_in hat fast die gleichen Aufgaben in der digitalen Kunstvermittlung als auch beim realen Besuch Kunstinteressierter.

„Für das Führen aller Gruppen ist wichtig, dass die KunstvermittlerIn es schafft, die Besucher sich angesprochen fühlen zu lassen, und dass sich keine dröge Theorie einstellt. Die richtige Informationsmischung macht den gelungenen Ausstellungsrundgang aus, der kurzweilig ist und den Wissensgewinn nicht auf dem Theorietablett serviert.“

Der einzige Unterschied ist, dass man in unserem Projekt nur die Stimme der Kunstvermittler_in hört und diese nicht sieht. Wie im Zitat beschrieben, ist es wichtig den Teilnehmer aktiv mit einzubeziehen und nicht zu fachspezifische Inhalte zu vermitteln. Das haben wir bei der Erstellung der Audioguides beachtet. Hierbei ist es wichtig, dass man umso deutlicher spricht und strukturierte Sätze verwendet. Eine Alternative wäre denkbar, dass man auch online Live-Vorträge hält, um das kleine Defizit zur realen Vermittlung auszumerzen.

Der zweite Faktor ist die Gruppe der Teilnehmer. Da die Ausstellung von Wieland Förster Themen behandelt wie Krieg und Trauer, ist es umso wichtiger einen sachlichen Umgang zu vertreten.

Deshalb haben wir beschlossen, dass die Zielgruppe ein jugendliches Alter erreicht haben sollte, um diese Thematik besser verstehen zu können. Die Gruppengröße spielt hierbei jedoch eine untergeordnete Rolle, da die Nutzer immer einen eigenen Zugang über ihren Laptop oder das Handy haben. So kommt es zu keiner großen Ansammlung wie in einer realen Kunstgruppe im Museum. Der Austausch, welcher im Museum eintreten könnte, gestaltet sich bei einer asynchronen Kunstvermittlung anders. Hier besteht die Chance, wenn man möchte, anonym seine Gedanken und Anregungen zu posten. In unserem Projekt können die Teilnehmer die Kommentarfunktion nutzen oder mit Hilfe von einem Link über ihr Favoritenvideo abstimmen. Über andere Medien, wie Whats App oder Facebook Messenger besteht natürlich immer die Möglichkeit für einen Austausch. Grundlegend ist die Teilnehmeranzahl somit nicht beschränkt und wie bereits gesagt sind die Zeiten in denen man das Vermittlungsangebot nutzen möchte uneingeschränkt, somit ist dies auch wieder ein positiver Aspekt der digitalen Kunstvermittlung.

Die Ausstellung selbst besteht aus 60 Skulpturen. Die ausgewählten Skulpturen in unserem Projekt – Arkadischer Akt, Kleiner trauernder Mann und Mittlere Daphne I – verkörpern einen guten Überblick über die Vielfältigkeit der Gesamtwerke außerdem sind es Skulpturen, welche im frühen Schaffensprozess 1968,

im Erfahrungsprozess 1973-1974 und im späten Schaffungsprozess 1995 entstanden sind. Wie die Autoren Hofmann, Fabian, Rauber, Irmi, Schöwel beschreiben, erlebt der Betrachter der Ausstellung in ihr selbst einen lebendigen Wandel der eigenen Erfahrungen. Dies kann meiner Meinung nach sowohl real als auch digital möglich sein. Nachteilig ist, dass es in unserem Projekt nicht möglich war, alle Ausstellungstücke welche im Angermuseum in Erfurt ausgestellt sind aufzuzeigen. Das kann in einer digitalen Kunstvermittlung durchaus umgesetzt werden, eventuell auch mit 3D Aufnahmen, was aber den Umfang unseres Projektes übersteigt. Deshalb haben wir uns dazu entscheiden jeden Abschnitt der Ausstellung kurz in einem Video einzublenden um einen Gesamtüberblick zu ermöglichen.

Der letzte Faktor bei der Publikumsorientierten Kunstvermittlung ist der Raum. Die fünf Autoren beschreiben, dass es hierbei wichtig ist das die Atmosphäre stimmt.

„Ein entscheidender Faktor ist auch der Raum: Seine Gestaltung prägt die Vermittlung. Durch Atmosphäre, die Abfolge und räumlichen Bezüge der Werke oder auch die räumliche Positionierung der BesucherInnen im Verhältnis zu den Werken sind KunstpädagogInnen in ihrer Tätigkeit vorbestimmt.“ (Hofmann, Fabian, Rauber, Irmi, Schöwel, 2014, S.17)

Dieser Faktor gestaltet sich schwierig, da die Vermittlung nicht in einem Museumsraum stattfindet, sondern meist vor dem eigenen Computer zuhause. Deshalb ist es umso wichtiger die digitale Kunstvermittlungsseite attraktiv zu gestalten. Bei der Umsetzung haben wir auf eine einheitliche Form und freundliche Farben geachtet. Des Weiteren kann nur geringfügig ein räumlicher Bezug zu den Kunstwerken hergestellt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der kunsttheoretische Bezug durch die vorgestellten Faktoren aus der Kunstvermittlung sehr gut auch in der digitalen Vermittlung umsetzbar ist. Es gibt einige Faktoren der Kunstvermittlung die besser digital als im realen anwendbar sind. Gleiches gilt auch umgekehrt. (Hofmann, Fabian, Rauber, Irmi, Schöwel, 2014)

4.     Kunsttheoretischer Bezug nach Bettina Uhlig – Rezeptionsfähigkeit

In unserem Projekt haben wir die „Verfremdung“ der Skulpturen als Symbol für „Kreativität der eigenen Gedanken“ verwendet um den Rezipienten einen großen Wahrnehmungsfreiraum zu lassen. Das bedeutet, dass wir den Teilnehmern eine Möglichkeit bieten ihren eigenen Vorstellungen zu vertrauen und dadurch den eigenen Entwicklungsprozess zu erweitern. Sie können nicht nur die Skulpturen vom abstrakten immer weiter zum Original betrachten, sondern hören dabei noch eine Beschreibung. Durch die kleinen Aufgaben im Audioguide werden die Teilnehmer dazu angeregt die Kunst mit allen ihren Sinnen zu erkunden. Kinder sind bereits ab 6 Jahren in der Lage abstrakte Bilder zu verstehen und diese zu deuten.

“ Das vielsinnige Wahrnehmen von Kunstwerken kann dazu beitragen, die Wahrnehmung zu intensivieren, zu sensibilisieren, zu differenzieren und zu verfeinern. Rezeptionsprozesse sollten der subjektiven und direkten Wahrnehmungserfahrung einen großen Raum lassen.“
(Uhlig, B.2005, S. 63)

5.     Auswertung Onlineumfrage und Feedback

Bedingt durch die kurze Laufzeit des Projektes und der aktuellen Lage durch die Pandemie war es nicht möglich das Projekt einer Schulklasse vorzustellen. Bis jetzt ist eine Veröffentlichung der Ergebnisse noch nicht geplant, deshalb haben wir für Teilnehmer auf Studierende und Angehörige zurückgegriffen. Auf der Kunstvermittlungsseite erhielten wir drei Kommentare. Diese wahren positiv aber beinhalteten auch Fragen um in einen Austausch untereinander zukommen. An der online Abstimmung nahmen ebenfalls drei Nutzer teil. Es wurde als Favoritenvideo „Drehbewegung zu Arkadischer Akt“ von zwei Personen gewählt und einmal wurde „Mittlere Daphne I“ als Favorit gewählt. Eine größere Teilnehmerzahl hätte der Umfrage mehr Ausdruck verliehen. Zum jetzigen Zeitpunkt können nur diese Auswertungen vorgenommen werden.

6. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die entstandenen Ergebnisse im Projekt den kunsttheoretischen Hintergrund in Bezug auf die Publikumsorientiertheit der Arbeit und die damit in Verbindung stehende Rezeptionsfähigkeit aufzeigen und diesen mit Hilfe von Audioguides und Video sehr gut umsetzten.  Im Laufe des Arbeitsprozesses ist immer mehr deutlich geworden, dass die digitale Kunstvermittlung eine gute Alternative zum herkömmlichen Museumsbesuch ist. Es zeigten sich jedoch auch, dass ein paar wenige Punkte sich im digitalen Raum nur schwer umsetzten lassen, beispielsweise der rege Gruppenaustausch. Positiv hingegen sind die uneingeschränkte Gruppengröße und die flexible Erreichbarkeit.

7. Literaturquelle

  • Hofmann, Fabian; Rauber, Irmi; Schöwel, Katja (Hg.): Führungen, Workshops, Bildgespräche. Ein Hand- und Lesebuch zu Bildung und Vermittlung im Kunstmuseum. München: kopaed, 2014.
  • Uhlig, Bettina: Kindliche Rezeptionsfähigkeiten. Kunstrezeption in der Grundschule. München: kopaed, 2005.
  • Sandabad, Miriam. 2017: Kunstvermittlung in der digitalen Gegenwart abgerufen von https://www.deutschlandfunk.de/serie-kunst-stoffe-kunstvermittlung-in-der-digitalen.691.de.html?dram:article_id=383951 am 25.08.2020